Wie findet man die Organismen des Bodens?
Das hängt von der Größe der Organismen ab. Einige sind leicht sichtbar und können einfach gefunden und gezählt werden, wie zum Beispiel die Regenwürmer oder andere Organismen, die in die Kategorie Macrofauna fallen, wie z.B. Asseln, Hundertfüßler oder Käfer.
Um Macro- und Mesofauna zu finden, graben wir ein 25cmx25cm Quadrad in 20cm Tiefe. Dieser Bodenklotz wird mit einer Schaufel auf eine Plastikplane gehoben. Für die Suche nach dem Leben in diesem knieen wir uns über den Bodenbrocken und bröseln diesen vorsichtig auf. Alles Leben, das mit dem bloßen Auge erkannt werden kann, sammeln wir ein – sofern es nicht schneller ist als wir und flink entkommt: Regenwürmer in das eine Plastikböxchen, Mikroarthropoden und damit alles andere krabbelnde Leben in ein anderes Böxchen. Danach geht es mit unseren Funde zurück ins Labor. Oftmals nehmen wir vor Ort noch Bodenproben für chemische Analysen des Bodens, wie z.B. dem pH Wert oder den verfügbaren Nährstoffe im Boden.
Regenwürmer
Während sie leicht gefunden sind, wird es bei ihrer Identifizierung etwas schwieriger. Es gibt 10.400 bis 11.200 Arten von Regenwürmern, von denen geschätzt wird, dass etwa 7.000 echte Regenwürmer sind. Diese Zahlen könnten jedoch noch viel höher sein, da viele Arten noch unentdeckt sind. Es wird geschätzt, dass die tatsächliche Zahl der echten Regenwürmer bei 30.000 liegt (Bodenbiodiversitätsatlas, 2016). Das ist eine verrückte Vielfalt. Sie alle sehen mehr oder weniger wurmig aus, einige etwas länger, einige etwas dicker, einige etwas dunkler, aber alles in allem nicht so einfach zu identifizieren. Ein Mikroskop, viel Erfahrung und Wissen sowie etwas Geduld sind erforderlich. Die meisten von ihnen können durch ihren „Gürtel“, das Klitellum, identifiziert werden. Es dient zur Fortpflanzung und produziert dabei die Kokoons. Weitere Hinweise geben die Segmente der Regenwürmer, die Setae, kleine Härrchen, die sowohl zur Verhakung bei der Fortbewegung dienen wie auch die Darm-Anatomie.
Hier an unserer Universität, auf den Hügel hinter Vigo, haben wir einige ziemlich lange Regenwürmer gefunden.
Auf dem Universitätscampus in Pontevedra fanden wir sehr korpulente Würmer. Während die Würmer mit etwas Boden bis ins Labor lebend sind, müssen sie zur Identifikation leider getötet werden. Oftmals müssen sie seziert und der Darm geöffnet werden. Einige Merkmale, die für die Identifizierung von Regenwürmern wichtig sind, sind möglicherweise nicht äußerlich sichtbar oder variieren je nach Entwicklungsstadium oder Geschlecht. Während es alternative Methoden gibt, um Regenwürmer zu identifizieren, wie z.B. die DNA-Analyse oder nicht-invasive Bildgebungstechniken, sind diese nicht immer so genau oder praktikabel wie die traditionelle anatomische Untersuchung. Hoffentlich werden in Zukunft weniger invasive oder nicht-tödliche Methoden entwickelt, um Regenwürmer zu identifizieren.
Von der Box werden die Würmer in Formol „fixiert“, damit ihr Körper erhalten bleibt und sich nicht zersetzt. Die Zersetzung der feinen Zellwand setzt bei Regenwürmer besonders schnell ein.
Die Zahl der Würmer, die wir an jedem Standort finden variiert stark. In biologisch bewirtschafteten Feldern wurden viel mehr Regenwürmer gefunden als in konventionell bewirtschafteten Feldern.
Kleine Insekten und andere Arthropoden
Zu den Mikroarthropoden zählen unter anderem kleine (oft mit dem bloßen Auge schwer zu erkennende) Milben, Springschwänze, Larven und Käfer. Sie werden über den sogenannten Berlese-Funnel, eine Trockenextraktion extrahiert. Dazu wird Hitze durch eine Glühbirne für eine Woche auf eine Bodenprobe projekziert. Wir entnehmen diese mit einem 10cm tiefen und 5cm weiten Zylinder. Bei der Glühbirne helfen LEDs nicht weiter – hier sind die ineffizienten, alten, oft nur noch schwer auffindbare Glühbirne gefragt. Die Arthropoden fliehen von der Wärme und dem austrocknenden Boden in tiefere Zonen bis sie in ein Glas mit 70%igem Alkohol fliegen.
Podwürmer/Enchytraedeas
So extrahieren wir die Enchyträen aus dem Boden. Dies wird auch als Nassextraktion bezeichnet. Sie fliehen vor der Wärme, die durch die Glühbirne erzeugt wird, und bewegen sich nach unten. Dort sammelt die Schwerkraft sie in einem kleinen Eppendorf-Glas.
So sieht die Extraktion von unten aus. Auf der rechten Seite an einem Standort mit sehr feinem Boden (sehr viel Loess) ist zu viel Boden durch den Filter gegangen. Das ist nicht ideal, hier musste ich einen zusätzlichen Filter-Schritt durchführen, damit am Ende nur die Tiere in einer klaren Alkohol-Lösung zurückbleiben.
In einem nächsten Schritt zähle ich sie unter dem Mikroskop.
Dann werden sie durch Zugabe von etwas Alkohol „fixiert“. Dies tötet sie, ermöglicht aber auch, dass sie „intakt“ bleiben, damit sie identifiziert werden können, z.B. durch DNA-Analyse.
So sieht die Identifikation unter dem Mikroscop und einigen Bestimmungsschlüssel aus.
Die Laborsituation war zeitweise etwas chaotisch, als eine Menge Bodenproben von unseren Partneruniversitäten aus ganz Europa eintrafen.
Auch die Regenwürmerproben stapeln sich gerne an…