Es war Zeit für einen Urlaub. Wenn der Schlaf schlechter wird, die Arbeit etwas überwältigt und die Produktivität nachlässt – klare Zeichen für einen leeren Akku. Ich bin sehr dankbar, dass ich die Zeit etwas anhalten und eine Auszeit nehmen konnte. Zeit im Zelt war alles, was ich brauchte. So sehr ich das Konzept liebe, Reisen und das Entdecken lokaler Höfe zu verbinden und ich deshalb all meine letzten Erkundungen und Urlaube mit WWoofing kombiniert hatte, manchmal braucht man einfach nur eine Pause, ohne Ziel und Aufgabe, wenn die Tage nur durch das Reisen selbst gefüllt werden. Ein weiterer wesentlicher Unterschied dieser Reise war es, die Reise mit all ihren Entscheidungen, Höhen und Tiefen, Erinnerungen zu teilen. Griechenland schien das perfekte Land zu sein, bereits etwas wärmer im März und logistisch gut erreichbar für uns beide.

Athen ist eine lebendige, schöne Stadt mit einigen grünen Flecken, Hügeln, unglaublich gutem Essen, vielen Bitterorangenbäumen und vielen Touristen. Meine Höhepunkte waren meine morgendlichen Läufe und die Stadt beim Aufwachen zu beobachten, kleine Spaziergänge im Regen, wenn alle anderen sich versteckten, Rembetiko-Bands (ein griechischer Blues) vor überfüllten Bars die davor sitzenden Hunden streichelnd zuzuhören, die Oliven Vielfalt, die gefüllten Weinblätter und all das andere fermentierte Gemüse wie z.B. fermentierte, gefüllte Auberginen zu entdecken, eine erste Kaktusfeige zu ernten mit den üblichen tagelangen Stachelsuche in der Hand, ein kleiner Tanz in einer leeren Rooftop-Bar mit Blick auf die Akropolis und Sonnenuntergänge auf den Hügeln.

Nach einer Woche Remote work aus Athen’s Cafés war es Zeit weiterzuziehen. So schön es war, die Energie der Stadt für eine Woche aufzusaugen, die Stadt bleibt eine Metropole mit 4 Millionen Einwohnern. Dies wurde besonders deutlich, als ich bouldern ging in der kleinsten Halle, in der ich je war allerdings auch mit der wahrscheinlich höchste Dichte an Kletternden pro Kubikzentimeter (nicht die Kletterwand auf dem Foto – leider habe ich dort kein Foto gemacht). Für einen Urlaub, der mit Zelt und Wanderung von allem abschalten sollte, war es besser, dem städtischen Trubel zu entfliehen.

Da das Festland Griechenland noch ziemlich kühl war und für unsere Ferienwoche eine hartnäckige Regenfront vorhergesagt wurde, beschlossen wir, unsere Pläne für eine Wanderung auf der Peloponnes-Halbinsel wortwörtlich über Board zu werfen. Stattdessen entschieden wir uns auf eine Insel zu fliehen. Die Wahl fiel auf Kreta, ganz im Süden, mit der besten Wettervorhersage.

So eilten wir zu Fähre da wir beim Abendessen in einer großartigen Taverne an unserem letzten Abend in Athen etwas die Zeit vergessen hatten. Auf der Fähre, während andere Fähr-Camper ihre Plätze (auf klassisch deutscher Art) mit Isomatten und Schlafsäcken in versteckten Eckchen unter den Treppen usw. sicherten, fragte ich mich, warum niemand draußen schlafen wollte. Nach einer kurzen Inspektion der Fähre war der beste Platz für mich immer noch auf dem Deck neben dem Poolbereich in einer versteckten dunklen Ecke. Die häufigen Ankündigungen, die die Leute in eines der vielen nicht besonders einladenden Restaurants an Bord zu locken versuchte, verhinderten jedoch ohnehin frühzeitigen Schlaf. Also war es stattdessen Workout-Zeit. Ein schönes Gerüst, das wohl im Sommer als Sonnenschutz-Auflage dient, war einfach zu perfekt, um nicht daran zu hängen. Einige Yoga-Übungen folgten, bevor die Fähre uns sanft in den windigen Schlaf wiegte.

Der nächste Morgen in Heraklion begann mit einem Kaffee und einem eher fortgeschrittenen stoischen Test. Nachdem ich den Flugmodus auf meinem Handy ausgeschaltet hatte, erhielt ich WhatsApp-Nachrichten mit Fotos von meinem in Spanien zu Hause geparkten Auto, mit eingeschlagenem Fenster. Die Nachrichten behaupteten, von der Polizei zu sein, aber es verunsicherte mich, dass sie mich über WhatsApp kontaktierten. Nach weiteren Nachforschungen stellte ich fest, dass sie einen Flyer eines Freundes im Auto gefunden hatten, der ihnen dann meine Nummer weiterleitete. Die Polizei hatte mein Auto in Gewahrsam genommen, um zu verhindern, dass etwas daraus geklaut wird. Glücklicherweise waren die Scheibeeinschlagenden nicht am Inhalt des Auto interessiert, obwohl das ein Großteil meiner Sportausrüstung war…

Dafür hat der erste kretische Schafsjoghurt mit Honig und Walnüssen diesen Vorfall wieder wett gemacht und sofort den Urlaubsmodus eingeschaltet. Obwohl ich eher passiv in der Entscheidung war, wohin es zuerst gehen sollte, vertraute ich meinem Partner hier voll und ganz. Und es war eine gute Entscheidung, in den Süden der Insel zu fahren. Auf dem Weg vorbei an den unglaublich grünen Olivenhainen mit weißen Schneegipfeln im Hintergrund war es, als würde man ein neues Level in der Farbpalette des Lebens freischalten.

Wilde Kamille begrüßte uns in der verschlafenen Küstenstadt Matala, wo Hippies, unter anderem auch Joni Mitchell, in den 60iger den Sonnenuntergang besungen haben. Das erste Mal im erfrischenden kristallklaren Mittelmeer mit Blick auf diese atemberaubende Kalkstein-Klippe, die allerlei Vögeln und Fledermäusen Unterschlupf bot, die munter zum Jagen im Sonnenuntergang herauskamen, Live-Musik von zwei übriggebliebenen 68er-Italieniern in der einzigen geöffneten Bar, Katzen-Streicheleinheiten und die erste Nacht im Zelt waren ein perfekter Start auf Kreta.

Am nächsten Morgen wurde noch deutlicher, wie sehr das Städtchen im vollen Renovierungsmodus war, um sich auf die Touristensaison vorzubereiten. Nachdem wir zu den Rhytmen der Hämmer und Bohrer einige letzte Arbeiten in einem Café erledigt hatten, nahmen wir den einzigen Bus, der an dem Tag fuhr und uns durch weitere Hügel in ein kleines Städtchen brachte, um dort den Bus zu wechseln. Dort fanden wir in einer kleinen Taverne ein großartiges Mittagessen: Roggenbrot, eingeweicht in Tomaten, Tzatziki, Bohnen und den obligatorischen griechischen Salat. Danach ging es mit dem nächsten Bus nach Galini, einem weiteren verschlafenen Küstenort im Süden. Im Amphitheater dort machten wir mit der Katze, die dort der Gastgeber zu sein scheint, einen Deal und tauschten Streicheleinheiten mit dem Bleiberecht dort. Um die Gegend rund um das Dörfchen zu erkunden, machte ich mich auf einen keinen Trail-Run, der unglaublich schön war. Ein erstes Mal konnte ich die Diversität und die Schönheit Kretas realisieren voller Berglandschaften, wildem Oregano und Salbei, fröhlichen Ziegen und Schafe sowie einer unglaublichen Vielfalt an Blumen zwischen den Olivenbäumen. Die Nacht unter dem Vollmond war etwas hell und windig, aber die Erfahrung war es auf jeden Fall wert.

Der nächste Tag wurde unerwartet zum Wandertag. Unser Ziel war Fourfournas, einem Dörfchen am Fuße der großen weißen Berge. Ohne zu wissen, ob es einen richtigen Weg gab oder was uns tatsächlich dort erwartete, machten wir uns auf den Weg. Nachdem wir einige Kilometer neben der Straße gelaufen waren, erschienen die Google-Pfade zu verlockend, um ihnen zu widerstehen. Wie so oft verwandelten sie sich schnell in überwucherte Wildnis von der bei der Satellitenaufnahme keine Spur war. Nach einem Kampf mit Dornen, der eindeutig zu Gunsten von ihen ausging und uns einig Kratzer zurückließen, kamen wir schließlich langsam unserem Ziel näher. Auf dem Weg trafen wir auf unglaubliche Landschaften mit Schluchten, patrouillierenden Adlern, einer verrückten Anzahl an Schmetterlingen, einem wilden Hund, der uns folgte, zahlreichen Ziegenzäunen (von denen einige überklettert werden mussten), leckeren wilden Kaktusfeigen und einem perfekten Schlafplatz neben einem Fluss unter alten Olivenbäumen, die uns zum Klettern einluden.

Am nächsten Tag, ohne Essen und Wasser war etwas Zivilisation dringend nötig. Es war griechischer Unabhängigkeitstag, sodass uns nur etwas trockenes Brot aus einer bereits leeren Bäckerei blieb sowie Verpflegung aus ein kleines Postamt, das zu einem Winter-Notmarkt wurde. Der Blick auf den Berg und das Lesen der Gipfelberichten machten einen Versuch sehr verlockend. Für die Nacht nahmen wir uns deshalb ein Zimmer in der einzigen Option in der Stadt“. Auch dieser Ort wurde gerade vollständig renoviert und fühlte sich etwas wie ein Gästezimmer an, in dem alle alten, unerwünschten Möbel mit dem Geruch von frischer Farbe gelandet sind. Bei einem Raki boten uns die Gastgeberin und ihr Vater eine Spinat-Blätterteigtasche an und erzählten uns über die Olivenernte und wie sich der Olivenmarkt von den großen Oliven zu kleineren Oliven verlagert, die viel schwieriger zu ernten sind und eine geringere Qualität haben.

Mount Ida. Was für ein Abenteuer mit fast 2000m Aufstieg. Wir kamen dem Gipfel sehr nah, bevor der Schnee am Weitergehen hinderte. Es ist die Magie der Berge, wenn nicht nur der Wind das Wetter blitzschnell wechseln lässt sondern auch alle Arten von Emotionen kommen und gehen. Während wir den Schnee zunächst vorsichtig überquerten, vertraute ich auf dem Rückweg dem weichen matschigen Schnee etwas mehr und rutschte auf der Regenjacke den Berg hinunter – so weit es ging zumindest. Die Aussicht war atemberaubend, mit weiteren schneebedeckten Bergen in der Ferne, der Küste um die Insel herum aber auch zu sehen war die unglaubliche Zahl der Gewächshäuser überall auf der Insel. Mehr auf der Mikroebene waren es besonders die alten Eichen und viele Blumen, die ich noch nie davor gesehen hatte.

Als wir wieder am Fuße des Berges waren, merkten wir schnell, dass es keine Busse in der Gegend gab und entweder Autostop oder weiter zu wandern unsere einzige Möglichkeiten waren, von hier weiterzukommen. Wir entschieden uns für eine Kombination aus beidem. Unser erster Versuch beim Trampen war ein Erfolg; George nahm uns mit und brachte uns zur Kreuzung im nächsten Dorf, wo er einige Hühner kaufen wollte. Er erzählte uns Geschichten von seiner Arbeit als Taxifahrer im Sommer und von seinen Olivenbäumen, und wie die jüngeren Bauern Rezepte verlieren, Oliven einzulegen. Er lud uns sogar auf einen Kaffee an der Kreuzung ein und blieb um noch etwas mit uns zu reden.

Von der Kreuzung an, war es etwas schwieriger weiterzukommen. Wir warteten eine Weile in der heißen Sonne, aber wir hatten immer noch sehr viel Glück, denn nach etwas Warten hielt Harry. Ein 70-jähriger Grieche, der mit 12 Jahren die Insel verlassen hatte, um nach Nebraska zu gehen. Er war zurück, um das Grundstück seiner Familie zu verkaufen und auf dem Weg in die Stadt Rethimno (oder Rethymna) mit einem kurzen Zwischenstopp in einem Altenheim, um einen alten Freund zu besuchen. Es war ein großartiges Trampen; wir halfen ihm bei der Navigation, während wir eine direkte Fahrt zu unserem Traumziel – zurück zum Meer – bekamen.

Das Elternhaus von Harry war damals von den Nazis eingenommen und als Kommandozentrale genutzt worden. Ich muss zugeben, dass ich sehr wenig über die Rolle Kretas im Zweiten Weltkrieg wusste. Es war eine faszinierende kleine Geschichtsstunde, obwohl Harry meinen deutschen Akzent betonte und erwähnte, dass er hauptsächlich sein Wissen vom History Channel hat. Er wies auch auf die Verbindung zwischen griechischer und römischer Sprache hin, von der ich vorher keine Ahnung hatte.

Der Tag in der Stadt wurde zu einem kleinen Erholungs-Retreat. Wir übernachteten in einem der vielen venezianischen Boutique-Hotels in einer Stadt, deren Besatzung ständig änderte, um jetzt von Touristen besetzt zu sein. Auf gewisse Weise ist der Zugang zu diesen schönen Innenhof-Häuschen jetzt breiter – statt nur einer Familie haben heute mehr Menschen und der Zugang ist nicht mehr durch Geburt sonder durch Kapital… Es ist eine Stadt, in der Moscheen zu Kirchen und Festungen gegen wechselnde Eindringlinge verteidigt wurden. Die Stadt vermischt osmanische mit griechischen und italienischen Vibes. Eine schöne Stadt und ein sehr komfortables Bett mit einem tollen Frühstück.

Nach dem kleinen Luxusstopp war es jedoch Zeit, zum Zelt und zum Wandern zurückzukehren. Dafür ging es los ab Kisamos. Unterwegs stießen wir auf versteckte Müllhalden auf den Hügeln außerhalb der Touristenstadt und fanden endlose Tomatengewächshäuser am westlichen Rand von Kreta. Auch dieser Tag wurde ungeplant zu einem vollen Wandertag nach einer nur kurzen Schwimmunterbrechung in einer rauen See (es gab zuvor ein Erdberben auf dem griechischen Festland, vielleicht deshalb?). Von dort aus begann der schönste Wanderweg der Insel, meiner Meinung nach. Wir trafen auf Schafe und Ziegen, die mühelos über die Felsplatten liefen, sowie auf großartige Klippenaussichten auf türkisfarbene Wasserbuchten. Wir erreichten den Strand rechtzeitig für einen atemberaubenden Sonnenuntergang mit wohl verdientem Picknick nach vielen Kilometern. Zu unserem Glück wurden wir danach vom Strand vertrieben, denn dadurch stießen wir erst auf einen Nachthimmel-Fotografen, der uns gerettet hat, indem er sein Wasser und einige sehr hilfreiche Tipps zum Zelten teilte.

Die Wanderung zurück nach Kisamos war großartig, mit unglaubliche klarem Wasser und einigen kleinen Boulder-Problemen über Felsen im Wasser. Zurück in Chania, etwas überfordert von den Touristen dort, versteckten wir uns stundenlang in diesem wunderschönen kleinen Café/Restaurant und genossen das letzte kretische Abendessen, bevor wir die Fähre zurück nach Athen nahmen.

Meine Kreta-Kompakt-Konklusionen

Ich habe noch nie so gesunde Olivenbäume wie auf Kreta gesehen. In so vielen mediterranen Olivenhainen werden die Böden kahl gehalten, egal ob Kräuter oder Gräser wachsen könnten, entweder durch den Einsatz von Herbiziden oder durch Pflügen. Kreta zeigt, was so viele Forschungsartikel feststellen: dass die Bäume gesünder sind, wenn ihr Boden bedeckt ist und nicht bearbeitet wird. Außerdem wurden so viele Olivenbäume mit Kirsch- und Orangenbäumen dazwischen kombiniert. Es ist diese Vielfalt, die wir anstreben sollten. Nicht perfekt gemähtes Gras oder „aufgeräumte“ Gärten, sondern Blütenmeere, die Heimat für so viele Organismen sein können. Ich kann immer noch nicht über einige der wunderschönen Landschaften hinwegkommen und bin so dankbar, diese Schönheit gesehen zu haben. Es scheint, als spiegelt sich die Bedeutung der hohen Qualität der Lebensmittel darin, wie sich um die Landschaft, Tiere und Bäume gekümmert wird. Das griechische Essen ist weit entfernt von dem griechischen Essen, mit dem ich in Deutschland aufgewachsen bin, wo Berge von Fleisch serviert werden. In Griechenland kann man leicht und sehr glücklich als Vegetarierin überleben (manchmal mit etwas Fokus auf den Vorspeisen).

Da ich zum ersten Mal in Griechenland war, und bisher nur in den Nachbarn Türkei und Bulgarien war, fühlte sich Griechenland ein bisschen wie eine europäische Türkei-Light-Version an. Neben vielen Ähnlichkeiten auf den Tellern, war auch in Griechenland die Bedeutung des Tourismus offensichtlich. Manchmal etwas überwältigend und das war nur die Nebensaison. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Hochsaison dorthin reisen wollte. Die archäologischen Stätten scheinen in Griechenland etwas besser erhalten zu sein, obwohl diese manchmal wie Vergnügungsparks wirkten. Der Verkehr auf den türkischen Straßen scheint mir etwas entspannter als in Griechenland und schon alleine deshalb, würde ich empfehlen mit dem Bus auf Kreta zu reisen. Der entschleunigende Effekt kommt außerdem durch die nur wenige Busse (zumindest im Süden der Insel), die den Tagesrhytmus vorgeben. Der sehr gemütliche Takt der Kretaner trägt sein weiterer zur Entschleunigung bei.

Danke Kreta, für die Begegnungen mit deinen großartige Kreaturen 🙂

Als finales Fazit bleibt festzuhalten: Die besten Urlaube scheinen immer noch die zu sein, die nicht geplant sind.

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