Tierhaltung und Gemüseanbau ergänzen sich – ein galicischer Leuchtturmhof
Den Kreis schließen
Irgendwo zwischen A Coruña und Santiago, im tiefgrünen Herzen Galiciens, gibt es einen Hof, der seine Nährstoffkreisläufe beeindruckend geschlossen hält. Würden Praktiken für einen gesunden, lebenden Boden bewertet werden, wäre der Hof klar Klassenbester. Ich besuchte den Hof im Spätsommer, um zusammen mit Victor, dem Landwirt, geeignete Bodenprobenentnahmestellen für ein von der EU finanziertes Projekt zur Bewertung der Bodenbiologie und der erbrachten Ökosystemdienstleistungen auszuwählen. Als ich ankam, konnte mich Marta, die Frau von Victor, nicht wie üblich auf spanische Art mit Backen-Küsschen begrüßen, weil sie gerade dabei war, die wöchentliche Ration an Hühner zu schlachten. Victor war gerade mit der Joghurtherstellung beschäftigt und bedeckte die fermentierende Milch mit seinem Wintermantel, damit die Lakto-Bakterien es gemütlich warm haben. Meine erste Führung über den Hof zeigte mir eine beeindruckende Mischung aus angebautem Gemüse, Obst, Wäldern und Tieren mit etwa 20 oder 30 Truthähnen, 5 Ziegen und 11 Säue.
Wow und was für Säue! Es ist schon eine Weile her, seit ich solche gesunde, glückliche Schweine gesehen habe. Sie leben auf zwei Metern aus Lebensmittel- und Pflanzenresten, mit der nie endenden Möglichkeit, mehr Nahrung in den tieferen Schichten zu erkunden und zu schnüffeln. Voller Faszination von ihren sozialen Hierarchien, die sich zeigen, wenn sie gefüttert werden oder wenn die Wasserquelle freigeschaufelt wird, um wieder Zugang zum Wasser zu ermöglichen könnte ich ihnen stundenlang zusehen. Schnell war klar, dass keine normale Hofküche diese Menge an Lebensmittelresten produzieren kann. Marta und Victor sammeln die Lebensmittelabfälle der örtlichen Supermärkte und Restaurants ein auf einem sehr einfachen aber effektiven Weg: die Landwirte verteilen Abfalleimer, die sie dreimal pro Woche gefüllt einsammeln und gegen leere, gereinigte Eimer austauschen.
Der Schweinemist befindet sich nur auf einer Seite des Stalls, da Schweine ihren Stall sauber halten wollen. In riesigen Schweineställe ohne Platz ist dies nicht möglich und beeinträchtigt das Wohlbefinden der Tiere deutlich. Wöchentlich bring Victor den Schweinemist mit dem Traktor zum abgedeckten Komposthaufen. Nach mehreren Monaten der Kompostierung bildet er die Grundlage für die Gemüsebeete und wird auf einer Schicht aus Karton verteilt, welcher unerwünschte Kräuter in den Beete verhindert. Auf den Kompost werden geschredderte Holzstücke als Mulch aufgebracht, um die Erde außerdem feucht zu halten und Verdunstung und Erosion zu vermeiden. Dieses Einbetten wird von den meisten Gemüsekulturen dankend angenommen. Sie erhalten eine ihre Nährstoffen hauptsächlich indirekt durch Mikroorganismen im Kompost, die die Bodenorganismen ernähren. Das Mikrobiom im Kompost trägt außerdem zur Vielfalt des Bodens bei.
Wöchentlich stellen die Landwirte eine Gemüsekiste zusammen aus Gemüse- und Obsternte, Yoghurt und Käse und nach Wunsch vom Hof geschlachtetes Fleisch-und Geflügel. In A Coruna wird die Kiste über eine Genossenschaft vertrieben. Ein weiterer Kunde ist ein Restaurant am Jakobsweg, das lokale Produzenten fördert. Da alle Kunden die Landwirte kennen und ihnen vertrauen, haben sie sich entschieden, den Bio-Zertifizierungsprozess nicht zu durchlaufen. Die Bio-Zertifizierung ist insbesondere für kleinere Landwirte wie Marta und Victor schwierig, die Tierhaltung mit Gemüseanbei verbinden. Aus Kostengründen lohnt sich die Zertifizierung nicht, obwohl alle Standards gefolgt wird.
Das Konzept der Willkommenshöfe
Marta und Victor nennen ihren Hof einen Willkommenshof, der Türen öffnen soll für alle, die auf Höfen arbeiten möchten oder einen eigenen Hof gründen oder übernehmen möchten. Die Landwirte teilen ihr Wissen über landwirtschaftliche Praktiken und stellen Maschinen bereit, die besonders zur Anfangsphase eines Hofes nur schwer zugänglich wären. Da Marta und Victor keine eigenen Kinder haben, sehen sie ihre Arbeit als generationenübergreifend. Dieses Konzept ist äußerst wichtig, da selbst Landwirte mit Kindern Schwierigkeiten haben, Nachfolger für ihre Höfe zu finden, da ihre Nachkommen nicht unbedingt den Hof weiterführen möchten. Victor sieht dieses Konzept als essenziell, um der Entvölkerung ländlicher Gebiete entgegenzuwirken. Es braucht neue Konzepte mit motivierten Menschen.
Ein Beispiel für das Konzept ist eine kleine belgische Familie, die vor zwei Jahren in die Gegend gezogen ist, um einen biologischen Gemüse-/Obsthof wenige Kilometer entfernt zu gründen. Wenn nötig, helfen ihnen Victor und Marta mit Ratschlägen oder leihen ihnen die Mulchmaschine. Außerdem lebt eines der Schweine jetzt auf ihrem Hof und ist für Essensreste zuständig (nach galicischer Art gefüttert mit Zaburinas). Das Kind pflückte für mich eine Erdbeere zwischen den Zwiebeln (linkes Bild). Es ist faszinierend zu sehen, wie die Kinder auf dem Hof aufwachsen und wie diese in Einklang mit den Pflanzen sind, zum Beispiel indem sie intuitiv wissen, wie man Dornen auf einem überwachsenen Pfad handhabt während ich sehr mit diesen kämpfen musste.
Außerdem sind interessierte freiwillige Helfer willkommen, die mehr über Landwirtschaft erfahren möchten und bei den täglichen Abläufen helfen oder einfach dem Alltag entfliehen wollen. Zum Beispiel traf ich dort ein junges Paar aus Barcelona, etwas auf einer kleinen Lebenssinn-Suche. Es war beeindruckend zu sehen, wie sehr sie vom Hofleben fasziniert waren – vom Gefühl der Erfüllung durch tägliche Routineaufgabe, vom guten, selbstproduzierten und selbstgekochten Essen, von der Patchwork-Gemeinschaft aber auch der Nähe zu den Tieren und Pflanzen.
Was sonst noch passiert ist
Während meines Aufenthalts ging ein Truthahn heimlich schwimmen und Marta erntete einige sehr leckere Austernpilze von einem geimpften Holzstamm.
Außerdem stießen wir in einem Kastanienwald in der Nähe desHofs auf einige Pfifferlinge, die zu einem unglaublich leckerem Mittagessen wurden. Nicht so essbar, aber schön anzusehen waren dagegen die Tintenfischpilze, die unseren Weg kreuzten.
Leider ist eine Ziege gestorben, und wir mussten sie begraben. Das ausgehobene Loch für sie gab erste Hinweise auf die Bodenhorizonte und deshalb habe ich diese vor der Beerdigung noch kurz analysiert. Danke, Ziege!
Und zu guter Letzt darf natürlich auch eine kleine galicische Fiesta nicht fehlen. Einfach verrückt diese unerschütterliche Motivation der Leute, die im Regen zu schrecklicher Musik von dieser schrecklichen Band in Pink tanzen.