Beim WWOOFen in Apulien beim Olivenpflücken lernte ich Landwirt*innen kennen, die ihr Familienerbe verlieren, ihre geliebten Bäume der Xylella Krankheit zum Opfer fallen, einem bakteriellen Krankheitserreger, der sich seit 2013 schnell im Süden Italiens ausbreitet.

Während die Anziehungskraft der schönen, abgelegenen Berge Norditaliens groß ist, herrscht auch diese rastlose, produktivitätsorientierte, von Mailand beeinflusste und etwas überfüllte Atmosphäre mit schlechter Luftqualität. Manchmal ist es einfach das weniger kontrollierte Chaos des Südens, das ruft. Nach 1,5 Jahren im Norden war es Zeit, den Süden zu entdecken. Der Plan war, ab Bari mit meinem damaligen Partner etwas die Küste zu erkunden und dann anschließend noch etwas länger alleine dort zu bleiben, um auf einem Olivenhof zu WWOOFen. Also stiegen wir in den Schnellzug und fuhren entlang der Adriaküste nach Bari.

Dieser Sonnenaufgang war das Willkommen des Südens, als wir etwas zu früh mit dem Nachtzug in Bari ankamen. Nach Bari fuhren wir mit dem Zug nach Polognano a Mare mit dem ersten Sprung in die bereits etwas frischere Adria. Der Ort hatte tolle grün überwucherte Eckchen. Unser nächster Halt war Lecce. Die lokalen Retro-Züge Apuliens sind großartig. Sie fühlen sich an wie eine Vor-Station vor dem Zug-Friedhof. In Apulien scheinen noch Züge zu fahren, die an anderen Orten längst außer Betrieb wären. Von Lecce aus war der Endpunkt Gallipoli, ein kleines verschlafenes Küstenstädtchen auf der Westseite Apuliens.

Nach den Städten war es an der Zeit, für das Landesinnere. Es war definitiv ein kleiner Kulturschock, das Landschaftsbild mit der tollen Vielfalt des Landes voller Kaktusfeigen, Weintrauben und endlosen Olivenhainen vorbeiziehen zu lassen.


Die WWOOFing-Farm

Als ich am Endbahnhof ankam, an dem es schien, als würde seit 50 Jahren oder mehr die Zeit stillgestanden zu haben, wurde ich von der Assistentin des Landwirts abgeholt, die darüber nicht zu erfreut war. Doch schon bald fand ich mich inmitten einer quirrliger Gruppe von WWOOFern wieder – einer kleinen schwedischen Familie mit einem Kleinkind, einem ehemaligen deutschen Koch, einem jungen deutschen Mädchen, das sich selbst suchte, und einer österreichischen Studentin auf einer kleinen Auszeit. In der nächsten Woche tauchte ich in die lokale Kultur ein, lernte neue Wörter aus Apulien und genoss das unglaublich leckere frische Olivenöl und einige der besten Orangen, Brote, eingelegten Gemüse, gekochtes Gemüse, die ich je probiert hatte. Zum Beispiel habe ich Cime di rapa entdeckt – eine unglaublich leckere Kohlart. Der Landwirt kombinierte auf seinem Hof ein kleines Agriturismo mit einem Online-Shop, in dem er sein Olivenöl, Oliven und die anderen Produkte vom Hof verkaufte.

Die Olivenernte

Ich kam genau rechtzeitig zur Olivenernte an. Jeden Tag machte sich die kleine Gruppe auf, um die schwarzen Schätze auf Netzen zu sammeln. In einem nächsten Schritt werden sie mit einem kleinen Luftbläser gereinigt, um alle Blätter zu entfernen. Mein Highlight war es, die Bäume hinaufzuklettern, um die Oliven zu ernten, die sich gegen das Fallen wehrten, wenn sie vom Gerät angestupst wurden. Es war großartig, zu lernen,wie die Oliven in Salzlake fermentiert werden (hier imUnterschied zur klassichen Fermentation müssen Oliven wegen ihrer bitteren Tannine zwei Wochen lang eingeweicht werden, bevor die eigentliche Fermentation beginnt wobei täglich das Wasser gewechselt werden muss. Wieder zurück im Norden mit zwei Kilo frischer Oliven, habe ich mich selbst an das Fermentieren gewagt. Nach vier Monate, habe ich das erste Glas geöffnet. Diese waren noch etwas bitter. Nach einem halben Jahr im Keller, wurden die Oliver sehr lecker. Ick kann jedoch verstehen, dass es einige Jahre Erfahrung benötigt, das Rezept zu perfektionieren.

Einige Eindrücke vom chaotischen, heimeligen, gemütlichen Bauernhaus. Dort gab es so viele schöne, kleine Details und immer lief großartige Jazzmusik, Produkte wurden getrocknet oder konserviert.

Im Süden Italiens füllen Migranten wichtige Arbeitskräftelücken, aber leider werden sie oft nicht angemessen entlohnt, wobei viele von ihnen gleichzeitig mehrere Jobs jonglieren müssen. Der Landwirt, versucht diesen Teufelskreis zu durchbrechen und bezahlt faire Löhne für seine Arbeiter und lässt diesen Freiraum, ihr Wissen einzubringen. So versucht sich Alou aus Nigeria mit seinem Wissen im Erdnussanbau und zeigte mir seine erste Ernte aber auch die angebauten Artischocken und Erdbeeren.

Eine Nacht hat uns der Landwirt zu einer lokalen Geburtstagsfeier einer seiner Freunde mitgenommen. Die ganze Stadt schien zu feiern, und die Gastfreundschaft war so herzlich. Es gab eine riesen Lasagne für alle gefolgt von Tirasimu. Bei diesem Treffen traf ich zum ersten Mal Landwirte, die von Xixella betroffen waren. Sie erzählten mir, wie sie das gesamte familiäre Erbe verloren hatten und kein Baum die Krankheit überlebte. Sie fühlen sich vom Staat allein gelassen, der ihnen nur eine kleine Entschädigung für die verlorenen Bäume zahlte. Landwirte, die sich angepasst und auf neue Baumarten gesetzt haben, sind besser davon gekommen, wie zum Beispiel der Landwirt, bei dem ich auf dem WWOOFing-Hof war. Sein Großvater hatte vor fast 100 Jahren, den kompletten Baumbestand erneuert. Die Bakterien zielen hauptsächlich auf alte Baumsorten ab, und derzeit gibt es keine Heilung. Diese Krankheit betrifft nicht nur Oliven, sondern auch Kirsch-, Mandel- und Pflaumenbäume. Eine sehr beängstigende Situation, sich vorzustellen, wenn sich die Krankheit durch das Land weiter verbreiten könnte.

Gute Erinnerungen an sehr besondere Mittagessen unter den Olivenbäumen.

Wochenendausflüge zur anderen Seite von Apulien mit tollen Wanderungen, Aussichten und dem Abtauchen in türkise Buchten.

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