Begegnungen mit einigen unglaublich schönen Farben des Lebens auf dem Lykischen Weg
Mit der Entdeckung wilder Johannisbrotbäume und deren unglaublich leckeren Früchte, neue Freundschaften, die Sprachbarrieren überwunden haben, staunend beim Schlüpfen von Meeresschildkröten zuzuschauen, Diskussionen über die Quantentheorie mit einem dänischen Autor zu führen, zum Melonenmädchen werden, am Rucksack festgebundenes Handtuch und Bikini zu verlieren, um es unter der brennenden Augustsonne und einigen Extrakilometer wiederzufinden (Dank der frische Feigen/Indische Feigen, die mir den sehr nötigen Zucker lieferten), Wasserfälle zu erklettern, Backgammon-Nächte und meine Haut mit Schlamm im kostbaren Schatten von Stränden zu nähren, die kurz davor standen, von Hotels privatisiert zu werden. Wenn ich auf diese Reise zurückblicke, fühlt sich alles ein wenig surreal an. Es ist an der Zeit, diese Geschichten aufzuschreiben, und zu verhindern, dass diese unglaublichen Farben, über die ich dort gestoßen bin, verblassen.
Alles begann in Istanbul mit einer Nachtbusfahrt nach Fethiye – einer Reise, die endlos erschien mit ihren holprigen Straßen und häufigen Stopps, einschließlich Polizeikontrollen angestrahlt mit blendenden Taschenlampen. Sie endete abrupt um 5 Uhr morgens und ließ mich halb schlafend an einem verlassenen Busbahnhof im Dunkeln zurück. In meinem Rucksack trug ich ein Zelt, meinen Laptop (falls Arbeiten von meinem Job als studentische Forschungsassistentin zu erledigen waren) und viel zu viele Kleider und Unnötiges. Während andere Menschen jedes Kilo für ihre Rucksackreisen sorgfältig planten, war mein Ansatz das Gegenteil – ein Anti-Plan. Ich brachte von allem ein bisschen mit, unsicher, was mich genau in Fethiye erwartete. Doch unter der Vielzahl von Gegenständen befand sich ein Buch, das mir mein damaliger Partner mitgegeben hatte. Er hatte vor, den Lykischen Weg zu wandern, aber Covid durchkreuzte seine Pläne. Also brachte ich das Buch mit, nur für den Fall. Das Buch hatte eine mystische Anziehungskraft, es ähnelte einem Relikt aus einer anderen Ära – einem Zauberspruchbuch oder einer geheimen Karte für eine Schatzsuche. Es erinnerte mich an den Roman „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson aus der Schulzeit.
Manchmal muss man einfach dem Prozess vertrauen. Also entschied ich mich, etwas Neues auszuprobieren und dem „Weitwandern“ eine Chance zu geben und einen vorgegeben Weg, den Fußstapfen der anderen zu folgen. Nie zuvor habe ich wahrscheinlich so sehr versucht, genau dem Rezept, hier für die Wegfindung, zu folgen. Es funktionierte größtenteils, wenn auch mit mehreren Stunden Umweg, weil ich mich verirrt oder die Wegmakierung verloren hatte (manch dieser waren etwas vergänglich und nicht mehr das, was sie einstmal waren als das Buch geschrieben wurde). Da das Buch schon einige Jahre alt war und wahrscheinlich nicht die neueste Ausgabe war, waren einige dieser Markierungen verblasst, gefällt, überwuchert oder verschüttet und ich musste wichtige Kreuzungen alleine navigieren oder riskierte, weitere Extra-Kilometer in der Sommerhitze.
Obwohl es ein wirklich gutes Buch ist und es immer noch sehr empfehlen würde, habe ich einige Ratschläge für den Fall, dass eine neue Ausgabe geplant ist oder wenn der Autor nicht zurückkehren kann. Ich wäre bereit, Co-Autor zu sein oder meine Meinung einzubringen. Ich bin sehr dankbar, dieses eine wichtige Gewicht für die Reise eingepackt zu haben.
Okay, zurück nach Fethiye. Von Fethiye aus sollte es einen Bus geben, der zum nächsten Ort fuhr. Das Buch schlug vor, dass die erste Etappe des Weges nicht die angenehmste sei und besser übersprungen werden sollte. Im Allgemeinen wahrscheinlich eine gute Idee, nur vielleicht nicht um 5 Uhr morgens. An der Bushaltestelle war nicht nur ich nicht begeistert von der Aussicht, mehrere Stunden darauf zu warten, dass die Busse ihren Fahrplan starteten. Es gab einen Soldaten, in voller Montur, der auch wartete. Ich kann mich nicht daran erinnern, wie unser Gespräch begann, aber das Treffen mit diesem türkischen Soldaten führte dazu, dass wir vier Stunden zusammen liefen, ein tolles Frühstückspicknick hatten und den ganzen restlichen Tag über Übersetzungs-Apps und unsere sehr begrenzten türkischen und englischen Sprachkenntnisse kommunizierten. Ich frage mich immer noch über die Verbindung, die wir hatten, die die Sprachbarrieren überwand. Es war wie eine kindliche Art, die Welt zu sehen – eine Verbindung, die darauf beruhte, so tief wie möglich zu tauchen, so schnell wie möglich zu rennen, so hoch wie möglich zu klettern. Er ist ein guter Mensch, definitiv wert, einige Ängste zu überwinden und meinen Instinkten zu vertrauen. Als seine Freunde ihn in einem Auto abholten, gaben sie mir eine Mitfahrgelegenheit zum Endziel, wo ich mein Hostel gebucht hatte.
Auf dem Weg zum Hostel machten wir einen Halt an diesem auf Instagram berühmten Ort hoch über dem Butterfly Beach, wo Touristenpiratenschiffe den Soundtrack von „Fluch der Karibik“ spielten. Die Leute standen Schlange, um ein Foto an diesem seltsamen, gefährlichen Ort zu machen. Instagram hat definitiv die Türkei im Griff. Mein Bild von der Stelle (unten gezeigt) und meine krampfende linke Hand zeigen, dass ich nicht für solche Bilder gemacht bin…
Am Ende entschieden sich meine neuen Freunde, ebenfalls im selben Hostel zu übernachten, bevor sie ihre Fahrt am nächsten Tag fortsetzten. Für mich blieb mehr Zeit, diesen magischen Ort in den Pinien zu genießen, der voller verrückter Kätzchen war, die in den Sonnenschutzlaken herumsprangen.
Ein Unruhezauber, den das Buch über mich gelegt hatte, übernahm am nächsten Tag die Kontrolle und lockte mich in den Bann des Lykischen Weges. So stand ich also da, mit meinem viel zu schweren Rucksack und der Augusthitze im Süden der Türkei auf ihrem Höhepunkt. Es war der Monat, von dem das Buch abriet, den Weg zu gehen. Ein deutsches Sprichwort besagt: „Feier die Feste wie sie fallen…“. Meine erste Etappe führte bergauf, immer weiter hinauf. Hinauf entlang dieser großartigen Bergformation, vorbei an wahnsinnig schönen Eichenwäldern mit unglaublichen Ausblicken. Als es dunkel wurde, begann ich nach Plätzen zum Wildcampen zu suchen. Doch da die Wasserknappheit real war und die erste Nacht allein im Zelt noch etwas unheimlich, entschied ich mich, auf einem zum Campingplatz umfunktionierten Garten zu übernachten. Nicht wissend, dass dies im Grunde genommen meine letzte Nacht allein sein würde. Während ich ein leckeres hausgemachtes Abendessen aus Paprika und Zucchini in einer Harissa-Sauce bekam und die Sterne betrachtete, traf ich einen dänischen Autor. Eine weitere Person so naiv wie ich, die dachte, im August den Weg zu gehen. Da wir in die gleiche Richtung gingen, beschlossen wir am nächsten Morgen, ein Stück zusammen zu laufen. Ein guter Deal angesichts der schwierigen Bedingungen, den Weg zu finden. Manchmal schien es mehr wie eine subtile Schatzsuche (im Gegensatz zum Jakobsweg nach Santiago de Compostela, dessen Schilder nicht zu übersehen sind und buchstäblich ins Gesicht springen).
Auf unserem Weg überquerten wir antike römische Stätten, wilde Feigenbäume, zahlreiche wunderschöne türkise Strände und Buchten und scheinbar unberührte Wälder. Wir zelteten im Wald, an Stränden (Patara,…), aber auch einige wenige Nächte verbrachten wir in Privatunterkünften und spielten den ganzen Abend Backgammon. Das waren gute Zeiten. Sehr pur. Gehen, frische Luft, Sonne (vielleicht manchmal ein wenig zu viel Sonne) und frische Früchte (eine Menge davon, vielleicht habe ich manchmal übertrieben mit den Melonen. Deshalb fing mein Kompanion an, mich das Melonenmädchen zu nennen). An einem Punkt mieteten wir uns einen Motorroller, um zum Strand zu gelangen, aber auch um unsere Melonen zu transportieren. Außerdem fand ich kleine Fröschchen in einem kleinen Teich in einer der römischen Stätten.
Nicht alles in der Region war allerdings Fruchtzucker und Hängematte. Wir stießen auf Geisterstädte aus Plastiktunneln, in denen der Großteil der türkischen Winter-Tomaten und anderer Gemüsesorten angebaut wird. Während diese Städte aufgrund der Sommersaison leer standen, waren einige andere Städte etwas jenseits der Plastikstadt verlassen, weil die Menschen für Jobs in die Städte gezogen waren. Sie hinterließen stumme, malerische Städte, in denen wilde Trauben übernommen hatten. Außerdem war die Menge an Plastikmüll, die die Flüsse blockierten, beängstigend. Einige Hunde schlossen sich uns unterwegs an und waren sehr davon überzeugt, uns auf unbestimmte Zeit zu folgen.
In Kas war ich versucht, einen Tauchschein zu machen, aber irgendwie war die Zeit dafür noch nicht reif. In Kas schloss sich mir Alex, mein damaliger Partner, an. Wir blieben dort eine Weile, bevor wir nach Fethiye zurückkehrten, wo wir uns mit einigen Freunden trafen. Von dort aus begannen wir einige neue Abenteuer.
Einige Kräfte zogen mich zurück, südlich von Fethiye, aber diesmal den schöneren, längeren Weg entlang der schönen Küstenstraße anstatt der hässlichen Busstraße, die ich zuvor genommen hatte. In einem Küstenkiefernwald stießen wir auf eine Geisterstadt, die vor einigen hundert Jahren zurückgelassen worden war. Die Stadt lag direkt über einem sehr schönen, kristallklaren Strandzugang. Man sollte jedoch nicht die Menge an Wasser unterschätzen, die bei dieser Sommerhitze benötigt wird. Wir blieben länger als erwartet, was die Planung durcheinander brachte. Uns ging das Wasser aus und wir hatten nur sehr begrenzte Verpflegung. Und dann haben wir uns auf dem Rückweg in die Touristenstadt furchtbar verlaufen. Es gab kein GPS, die Wege waren schlecht und überall gab es Dornen und Büsche. Keine einfachen Bedingungen. Drei Stunden und ziemlich viele Kratzer später schafften wir es zurück in die Touristenstadt. Nachdem wir 1,5 Liter kaltes Wasser auf einen Schlag getrunken hatten, kehrte langsam das Leben in uns zurück. Wir müssen wie zwei Ausgestoßene ausgesehen haben, bedeckt mit blutigen Kratzern und mit unserer letzten Energie nach dem Saft des Lebens – Wasser – dürstend. Nach diesen Tagen in der Wildnis traf der Schock, in so einer hässlichen Touristenstadt zu sein, noch härter. Was für parallele Welten. Und viele Fragen, warum die Leute diese hässlichen Hotelbunker wählen und sich in der größten Hitze braten lassen, während sie ihre Cocktails schlürfen und Burger mit Pommes essen. Trotz harter Bedingungen würde ich dennoch immer unsere Art zu reisen wählen.
Danach gingen wir noch einmal zurück nach Kabak, in mein wunderschönes Hostel, um von dort einige Tage das Strandleben zu genießen. Es war unglaublich, wir sind Wasserfälle hinaufgeklettert, haben in Höhlen geschwommen und sind zu Orten in der Umgebung gewandert.
Es gab diesen Strand Cennet Koyu, der jenseits einer Auto-Zufahrt verborgen lag. Wir kamen dort an nachdem zuvor am Wochenende dort ein Techno-Rave war. Es lagen immer noch Berge von Plastikabfällen herum, die darauf warteten, mit dem Boot abgeholt zu werden. Es war eine merkwürdige Wahl des Veranstaltungsortes für eine Rave-Party, wahrscheinlich ohne viel Rücksicht auf die schlüpfenden Schildkröten und andere Tierwelt, die das Gebiet bewohnen. Beim Wandern zurück nach Kabak Koyu erlebten wir das tatsächliche Schlüpfen einiger Schildkröten. Das war eine unglaubliche Erfahrung. Leider hat es eine von drei nicht überlebt. Aber diese kleinen Kreaturen, absolut atemberaubend. Nach diesen Tagen im Paradies rief uns das Leben in Istanbul zurück. Aber diese Farben werde ich für immer in mir tragen <3