Covid, mein abgeschlossener Master, ein um Monate verschobener Start der Promotion und viel Zeit mit wenig Möglichkeit, wegzulaufen. Manchmal ist es nicht das Schlimmste, an einem Ort festzustecken und örtlich gebunden zu sein.

Dies gab mir die Möglichkeit, etwas zu entschleunigen, einfach zu Hause bei meiner Familie zu sein und mich wieder mit den Pflanzen und Tieren dort zu verbinden, Zeit im Wald und auf Feldern zu verbringen, mehr über Heilpflanzen zu lernen, aber auch Einblicke zu bekommen, wie Landwirtschaft dort funktioniert. Nach einigen ruhigen Wochen zu Beginn der Pandemie wurde im Frühling offensichtlich, wie sehr es an landwirtschaftlichen Arbeitskräften mangelte. Es fühlte sich richtig an, einzuspringen, den Landwirt*innen zu helfen, einen täglichen Zweck zu haben und auch etwas Geld zu verdienen, während ich auf dem Feld war, um das Hofleben zu sehen und zu beobachten.

Vom konventionellen Hof zum Biohof

Es begann alles auf einem konventionellen Hof, der auf Erdbeeren und Spargel spezialisiert war und eine verrückte Menge an Feldern hatte. In den drei Wochen, die ich dort war, war ich nie zweimal auf demselben Feld, und wir wechselten mehrmals am Tag die Felder. Die Tage begannen früh, umso mehr, weil ich mit dem Fahrrad dorthin fuhr. Wenigstens weckte mich die morgendliche Fahrradtour gut auf. Die Aufgabe bestand darin, die zehn Erdbeerkisten nur mit unversehrten Früchten zu füllen. Beschädigte Früchte wurden strikt getrennt, da sie schnell die ganze Kiste zum Schimmeln bringen würden. Die Arbeit wurde hauptsächlich von sehr erfahrenen polnischen ArbeiterInnen erledigt, die jedes Jahr zur Ernte auf den Hof kommen. Sie waren so gut im Pflücken, dass sie in der gleichen Zeit die doppelte Menge an Erdbeeren pflückten wie ich. Während ich nur eine Schicht arbeitete (von 6:30 bis 13:00 Uhr), machten sie am Nachmittag eine zweite – mein Rücken machte sich schon nach der einen Schicht bemerkbar… Um die Erdbeersaison vor und nach der regulären Saison zu verlängern, experimentierte der Hof mit neuen Sorten, die wir in Kokossubstrat in Gewächshäusern pflanzten, bevor sie ins Feld übertragen wurden. Nach einigen Wochen des Erdbeerpflückens wurde die Arbeit etwas monoton, und ich bin dankbar, dass ich zu Sven, einem Demeter-Bio-Landwirt wechseln konnte.

Es war so wertvoll zu lernen, wie Entscheidungen auf dem Hof getroffen werden, wie Obst und Gemüse angebaut und verkauft wird, welche Risiken und Probleme die Landwirt*innen bewältigen. Ich lernte ihre Fruchtfolgen, ihre Mischkulturen kennen, wie der Boden für Pflanzen vorbereitet wird, wie Pflanzen hochgebunden werden und geschnitten werden, wie Schädlinge daran gehindert werden, sich zuverbreiten, und was zu tun ist, wenn sie es doch tun, welche Abdeckung für verschiedene Kulturen verwendet werden soll (Mulchen), die verschiedenen Düngeschemata für verschiedene Pflanzen, die Bestäubung mit Hummelkästen, wie man Reben schneidet, aber auch wie man Arbeitskräfte findet.

Ich erkannte, wie all diese Praktiken nahtlos zur Theorie passten: In meinem Master hatte ich gelernt, wie diese Methoden förderlich für einen gesunden Boden sind, da sie Bodenorganismen fördern. Plötzlich konnten Bilder und Beispiele die trockene Theorie untermauern. Das Hinzufügen dieser praktischen Dimension ist unglaublich wertvoll und diente als gute Erinnerung daran, dass Theorie und Praxis am besten kombiniert werden.

Hier eine kleine Fotoserie vom Pflanzen, über das Wachsen, das Blühen bis hin zur Fruchtbildung und Ernte. Es war so schön, diesen Kreislauf zu beobachten.

Leben auf den Biofeldern

In den Gewächshäusern des Biohofs gab es so viel Leben. Diese Vielfalt an Organismen gab es auf den konventionellen Feldern nicht, wo ich meine Erdbeerpflückerkarriere startete. Der Unterschied der beiden Höfen war riesig.

Allerdings war auch hier nicht alles Leben willkommen. Einige nicht so gute Schädlinge, die Reiswanzen fanden in diesem Jahr erstmals den Weg nach Süddeutschland. Sie haben sehr verheerende Auswirkungen auf die Ernte. Also war meine Aufgabe, die Larven zu sammeln, um ihre Verbreitung so gut wie möglich zu verhindern.

Außerdem gab es einige Mäuse, die es ins Auberginengewächshaus geschafft haben. Einige der verursachten Löcher in den Gemüsen wurden zu Lebensräumen für Schnecken und Käfer.

Um Schäden durch Mäuse zu verhindern, pflanzt Sven normalerweise eine Reihe Zwiebeln oder Knoblauch um seine Gewächshäuser/Felder oder rotiert die Fruchtfolge, sodass das Gemüse Knoblauch oder Zwiebeln folgt.

Auf dem Hof begegnet man Gurken, Tomaten und Auberginen in allen möglichen Formen, die es oftmals nicht im Supermarkt schaffen.

In den Wipfeln des Schwarzwaldes

An den Abenden nach der Arbeit sowie am Wochenende machte ich mich alleine aber auch mit meinen Eltern und Brüdern auf zu wunderschönen Wanderungen durch den Schwarzwald. Wir beobachteten, wie der Winter langsam in den Frühling überging, kamen an saftigen Heidelbeerfeldern in höheren Lagen auf 1000 Metern in sauren Böden vorbei, wanderten zum Wild-See im Naturschutzgebiet, genossen die Aussicht, besuchten Straßburg bei meinem Bruder, bewunderten riesige Mammutbäume, faszinierende Skelette ehemaliger Bäume, stimmungsvolle Wolken, geheimnisvolle Pfade und einen Feuersalamander. Auch einige Freunde aus München kamen mich besuchen. Es hat so viel Spaß gemacht, ihnen meine Wurzeln zu zeigen und sie auf meine liebsten Haus-Wanderungen mitzunehmen.

In dieser Zeit fand ich auch dieses alte Schmuckstück eines Fahrrads in unserem Keller. Mein Vater kaufte es gebraucht in den 80ern, und ich kann ihn mir lebhaft vor mir sehen mit seinen langen Locken und seiner Jeansjacke, voller Energie. Nach ein paar Sicherheitschecks und neuen Bremsen war das Fahrrad wieder in Form. Ich bin sehr dankbar, dass ich in dieser Zeit Zuhause diesen unglaublichen Sport entdeckt habe, mit allem, was das Rennradfahren mit sich bringt. Die Erschöpfung nach einer 90 km langen Tagestour, die allmählichen Anstiege, die so viel Geduld und Ausdauer erfordern und der Adrenalinschub bergab. Mit dem besten Lehrer, meinem Vater, der mir einige seiner Lieblingsrouten zeigte machten wir Tour für Tour durch endlose Wälder. Außerdem stießen wir auf dieses ziemlich historische Wanderparkplatzschild, als Frauen brav im Kleidchen wanderten…

Endlich war Zeit für Kräuter- und Blumenernten und für die Zubereitung aller Arten von Heilmitteln wie Löwenzahnhonig. Ich schätzte es, Rezepte von meiner lieben Nachbarnin zu lernen und Bücher zu studieren, die ich auf Flohmärkten gefunden oder über die letzten Jahren gesammelt hatte, ohne Zeit zum Lesen.

Außerdem traf ich eine Person vom örtlichen NABU, der Organisation für den Schutz der Biodiversität. Zusammen haben wir invasive Gräser beseitigen, die die lokale Vielfalt bedrohen, und Schwalbenhäuser aufgestellt, die er gebaut hatte. Er zeigte mir auch seine wunderschönen Holzboote, die er baut. Bald wird er mit seinem eigenen Boot den Atlantik überqueren und nach Neufundland segeln.


Danke, mein liebes, schönes Heimatdörfchen, dass du mich wieder einmal beherbergt hast und dieses Mal länger als für die üblichen kurzen Besuche. Ich habe viel gelernt und werde diese ruhigen, größtenteils im Freien verbrachten Zeiten für immer in mir tragen 🙂

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